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04.02.15

Montessori- Highlights von Lilian Bryan (1. Teil)


Vortrag über die kognitive Entwicklung im Kinderhaus

Vor einigen Wochen war ich bei einem Vortrag von Lilian Bryan (AMI, Atlanta) im Wiener Montessori-Zentrum. (Über einen ihrer jüngsten Vorträge in Österreich wurde hier berichtet. Eine ausführliche, tolle Berichterstattung über einen ihrer Vorträge in 2014 ist auf einem meiner Lieblingsblogs, Eltern vom Mars erreichbar.)

Es sind immer einige Aha-Erlebnisse bei den Vorträgen im Zentrum, egal wie viel und aus welchen Quellen der Montessori-Fachliteratur man vorher schon gelesen hat. Die Zusammenhänge werden jedes Mal durch die inspirierende Darstellung dieser wirklich wunderbaren und charismatischen Pädagoginnen (Danke an dieser Stelle auch für die begeisternden Vorträge von Saskia Haspel und Christiane Salvenmoser!) in einem anderen Licht beleuchtet.
 
Diesmal nur einige Highlights aus dem Vortrag von Lilian Bryan (über weitere Details werde ich noch später berichten) mit der Vorbemerkung, dass es sehr schwierig ist, das Live-Erlebnis und das wunderbar inspirierende Wesen von Lilian durch ein Paar Gedankenhäppchen wiederzugeben. (Ich weiß nicht, wie alt sie genau ist, aber ich wäre heilfroh wenn ich mit etwa 70 Jahren eine solch würdige Haltung, strahlendes Gesicht und ruhigen aber ermunternden und begeisternden Geist hätte… geschweige denn, es wäre schon ein riesen Geschenk dieses Alter in Gesundheit und Zufriedenheit zu erreichen und mit munterem Geist, Lebenslust  und –wille zu erleben! Ah!)

Unterschätzte Kinder

Lilian hat gleich zur Eröffnung einen Kick-off-Gedanken platziert: wir unterschätzen die Kinder! Ja, das tun wir! Wir haben immer noch sehr wenige exakte Informationen darüber, was alles in Kinderköpfen in den ersten prägenden Lebensjahren vorgeht. Wenn wir sie genau und zurückhaltend, nicht einschreitend beobachten (das ist nicht einfach, weder als Pädagoge, noch als Elternteil), können wir sehen, dass die Kinder unbewusst alles aufnehmen. Das ist die „Leistung“ vom absorbierenden Geist (absorbent mind) und der Einfluss der vorbereiteten Umgebung (prepared environment). Lilian Bryan sagt, dass deswegen in jedem Kind ein grenzenloses Potenzial zum Lernen und Entdecken steckt. Das ist, was bereits Neurowissenschaftler immer häufiger betonen. Unsere Aufgabe als Pädagoge oder als Eltern läge darin, dieses unbegrenzte Potenzial sich entfalten zu lassen.
 
In den ersten sechs Lebensjahren baut sich das Kind als Mensch im ganzheitlichen Sinne auf. Die Aufgabe der Umgebung und der Menschen darin ist, diese große Selbstentwicklungsaufgabe zu unterstützen. Dazu ist ein gutes Mittel, wenn wir die Atmosphäre der Freiheit bieten können. Freiheit im montessorischen Sinne bedeutet aber nicht unbegrenztes Tun und Toben nach Lust und Laune, sondern Freiheit mit Grenzen. Diese Grenzen sind die anderen Menschen und Dinge in der Umgebung und der respektvolle Umgang mit all diesem.
 
Wenn wir den Kindern diese Freiheit geben, dann werden sie sich von selbst fortbilden, denn sie haben diese Gabe und Drang zum Lernen von Natur aus. Das Lernen in den ersten Lebensjahren passiert unbewusst und leicht, wie ein Kinderspiel: deshalb kann man es einem Kind in Form von „Passivsitzen und Zuhören“ nicht „beibringen“; ein Kind lernt durch tätig werden. (Aus diesem Grund u.a. sind Geräte, die das Kind zur Passivität „fördern“ – wie erstarrtes Sitzen vorm Computer oder Fernsehen – nicht gerade förderlich, vor allem nicht in den ersten Lebensjahren).
 
(Fegen in der Küche /P. 2-2,5 Jahre/)

Übungen des praktischen Lebens - Genauigkeit

Im Kinderhausalter (3-6 Jahren) sind die Übungen des täglichen Lebens (practical life exercises) immer noch ein wichtiges Instrument. Dabei übt das Kind seinen Körper und die Hände zu koordinieren. Bei diesen Übungen ist die Genauigkeit wichtig. Nicht also irgendwie verwurschtelt – beispielsweise - Serviette falten, sondern genau, Ecke zu Ecke, Kanten genau aufeinander legen. Diese Genauigkeit fasziniert das Kind. (Das kann ich auch als Mutter aus persönlicher Erfahrung bestätigen. Mein Sohn (gerade 32 Monate alt), dessen Eingewöhnung in einer Montessori-Kleinkindgemeinschaft wir vor genau einem Jahr angefangen haben, liebt dieses akkurate Falten und korrigiert mich jedes Mal, wenn ich zu schnell machen will oder nicht jede Ecke passt. „Ecke-Ecke, Mama!“, sagt er beim Feuchtetuchfalten während einer „Toilettensession“ ;-))
 
Aber zurück zur Genauigkeit: das „wie“ kommt von der genauen Darbietung. (Die Darbietung von Montessori-Material heißt auf Englisch presentation, wozu Lilian gemeint hat, dass dies auch als ein Geschenk vom Pädagogen oder Elternteil verstanden werden kann, wie auch die Grundlage des englischen Wortes „present“= Geschenk das anmutet.) Die Genauigkeit anzueignen ist auch wichtig im Sinne der Entwicklung von Selbstdisziplin, wodurch das Kind eine wichtige Erfahrung von Selbständigkeit und - durch selbst handeln - Selbstvertrauen erlebt. (Ich würde wagen zu behaupten, dass diese Erfahrungen die Bausteine des heutzutage so viel zitierten gesellschaftlichen Phänomens des Selbstwirksamkeitserlebens bzw. dessen Mangel und deren Folgen ist: so viele Menschen sehen das Ziel und den Sinn in ihrem täglichen Tun und Handeln nicht, weil sie die Wirksamkeit ihres Tuns nicht erfahren… aber das ist zu weitführend und zugegeben, macht einen spekulativen Eindruck, was nicht meine Intention ist…)
 
(Schneiden /P. ist 2,5 Jahre/)

Ah, da sind noch so viele wichtige Punkte! Ich sehe schon, da kommen noch einige Absätze zu diesem Bericht! Heute unterbreche ich also deswegen hier. Fortsetzung folgt.

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